Lok 35: Schienenkuli

Der Schienenkuli auf seiner ersten Ausstellung 1986. Foto: Michael Reimer
Technische Daten
Hersteller Dieck & Bosse
Typ Eigenbau
Baujahr ca. 1939
Spurweite 600 mm
Motor Deutz MAH 716
Leistung 10 PS bei 1000 U/Min
Getriebe Schaltgetriebe, 2 Gänge vorwärts, 1 Gang rückwärts
Vmax ca. 8 km/h
Masse ca. 1 t
HFD-Nr. 35
Einsatzgeschichte
  • Steinbruch Dieck & Bosse, Meißen
  • privat, Klein Zadel
  • 1986 an HFD

Früher gab es bei Meißen entlang der Elbe zahlreiche Steinbrüche. Die Steine wurden meist per Schiff Richtung Dresden und Riesa transportiert. Innerhalb der Brüche existierten Feldbahnen, die bis auf die Ladestellen an der Elbe reichten. Die Loren wurden oft nur von Hand geschoben. Um die Arbeit zu erleichtern und die Leistungsfähigkeit der Feldbahn zu erhöhen, baute ein Schlosser der Steinbruchsfirma Dieck & Bosse diese kleine Lok auf.

Als Motor verwendete man einen Deutz-Stationärmotor. Hauptmerkmal solcher Motoren ist die Verdampfungskühlung, wobei das kochende Wasser die Motorwärme aufnimmt. Dies ist eine einfache und sichere Lösung. Solche Motoren fanden wegen ihrer Robustheit z. B. auf  Baustellen vielfach Verwendung, ob nun im Betonmischer, in Pumpen oder bei Seilaufzügen. Die Leistungspalette reichte dabei vom kleinen Benzinmotor im Westentaschenformat mit nur 2 PS bis zum 50 PS-Aggregat zum Antrieb von Straßenwalzen.

Über Keilriemen und Zwischenwelle wird ein Getriebe unbekannter Herkunft angetrieben. Es hat zwei Vorwärtsgänge, die mit einem Hebel eingelegt werden können. Ein anderer Hebel ist für den einzigen Rückwärtsgang zuständig. Der dritte Hebel betätigt die offene Konustrockenkupplung. Denkbar wäre, dass das Getriebe aus einem Motorboot (Fähre o. ä.) stammt. Außen überträgt eine Kette die Kraft auf die hintere Achse, eine weitere Kette verbindet beide Achsen miteinander.
Nach der Stilllegung der Brüche bei Meißen gelangte das Fahrzeug zu einem Privatmann in Klein-Zadel, der eigentlich nur den Motor als Antrieb für seine Kreissäge brauchte. Zum Glück blieb das Fahrzeug trotzdem vollständig erhalten. Im Jahre 1986 übernahm die HFD die betriebsfähige “Lok”.

Die Firma Strüver bot lange Zeit eine kleine Lok unter der Markenbezeichnung “Schienenkuli” an. Diese Kulis hatten prinzipiell denselben Grundaufbau wie das hier vorgestellte Fahrzeug und viele andere Eigenbauloks. Deshalb werden diese Eigenbauten oft unter dem Oberbegriff Schienenkuli zusammengefasst.

Vorführung 1992 anläßlich einer Ausstellung. Am Riementrieb ist eine nachträglich angebaute Spannrolle zu sehen. Da sie den Riemen in die Gegenrichtung krümmt, hätte sie dessen Lebensdauer erheblich verkürzt. Nachdem sich herausstellte, daß der Riemen durch Verrücken des Motors gespannt werden kann, wurde sie wieder entfernt. Foto: Rainer Dominik

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Letzte Änderung: 07.05.2021