Feldbahnen wurden im 19. Jahrhundert für den Einsatz in der Landwirtschaft, im Bauwesen, in der Industrie und beim Militär entwickelt. Der geringe Rollwiderstand des Rad-Schiene-Systems sowie die gute Lastverteilung der Masse durch die Gleise garantierten einen reibungslosen und effektiven Transport von Materialien und Produkten. In der Anfangszeit wurden die Feldbahnwagen vornehmlich von Hand bewegt. Mit steigenden Transportleistungen und größeren Entfernungen, wie sie beispielsweise bei Erdbewegungen im Tiefbau vorkamen, wurden aber auch Lokomotiven eingesetzt.
Einer der Pioniere beim Bau von Feldbahndampflokomotiven war die Firma Krauss & Co. in München. Schon am Ende des 19. Jahrhunderts baute man hier Loks in großer Stückzahl. Es gab einige bewährte Typen, die auf Vorrat produziert wurden und somit bei Bedarf „von der Stange“ gekauft werden konnten. Interessanterweise wurden diese Fahrzeuge über Jahrzehnte hinweg fast unverändert angeboten. So präsentiert unsere Krauss mit ihrer niedrigen Kessellage und der Doppelexcentersteuerung Bauart Stephenson eher den technischen Stand Ende des vorigen Jahrhunderts als den der zwanziger Jahre. Trotzdem wurde der Typ zumindest bis in die vierziger Jahre angeboten!
Unsere Krauss wurde unter der Fabriknummer 7789 zusammen mit neun weiteren Maschinen des gleichen Typs wahrscheinlich Anfang der zwanziger Jahre gebaut. Da diese Maschinen in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten keinen reißenden Absatz fanden, haben sie zwar zehn aufeinanderfolgende Fabriknummern, aber völlig verschiedene Baujahre, da das Baujahr erst mit der Auslieferung festgelegt wurde. Die Lok ging 1923 an die Firma Heine in Dessau, tauchte aber sehr bald zusammen mit einer weiteren Krauss derselben Serie (7790/ Bj. 1924) bei der Halbach KG im Schotterwerk Bernbruch bei Kamenz auf. Dort standen diese und weitere Loks anderer Hersteller bis in die siebziger Jahre im Einsatz und waren somit die letzten in der DDR regulär eingesetzten Feldbahndampfloks.
Nachdem die Krauss 7790 gleich nach der Einstellung des Betriebes Anfang 1976 an den Eisenbahnfreund Werner in Löbau und eine ebenfalls noch vorhandene Jung-Lok an die Pioniereisenbahn Gera gegangen war, stand unsere Krauss noch bis 1981 auf dem Firmengelände herum. Als viertes Fahrzeug und lange Zeit einzige Dampflok unserer Sammlung gelangte sie dann nach Dresden-Klotzsche. Zwischen 1986 und 1993 war sie bei den Feldbahnausstellungen in Betrieb zu erleben, bis der Kessel durch den Sachverständigen nicht mehr abgenommen wurde. Da der für eine Wiederinbetriebnahme der Lok notwendige Neubaukessel Kosten im sechsstelligen Bereich verursachen würde, liegt dieses Projekt zur Zeit nicht im Rahmen unserer Möglichkeiten. Langfristig soll die Lokomotive aber auf jeden Fall wieder dampfen.
Seit 2019 ist die Schwesterlok Krauss 7790 auch in der Herrenleite beheimatet (HFD-Nr. 14).
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Letzte Änderung: 01.06.2021