Lok 36: Diema DS 12 aus Glossen

Vorbeifahrt am Werkstattgelände bei einem Gasteinsatz in Glossen, 30.08.97.
Foto: Feldbahnschauanlage Glossen.
Technische Daten
Hersteller Diepholzer Maschinenfabrik Fritz Schöttler GmbH (Diema)
Typ DS 12
Baujahr 1942
Fabriknummer 1124
Spurweite 600 mm
Motor Einzylinder-Zweitakt-Gegenkolben-Dieselmotor 1 NZD 9/12 (1 HK 65) (Austauschmotor, Hersteller VEB IFA Ingenieurbetrieb Hohenstein-Ernstthal)
Leistung 12,5 PS bei 1500 U/min
Getriebe 3-Gang mit Stahllamellenkupplungen für jeden Gang
Kraftübertragung Gelenkwelle und Achsgetriebe
Vmax 4 – 8 – 12 km/h
Masse ca. 2 t
Einsatzgeschichte
  • neu an Didier-Werke AG Bonn, Quarzitgrube Glossen
  • 1959 an Quarzitgrube Großkorbetha, vermutlich kein Einsatz
  • 1959 (?) an Ziegelei Göttwitz
  • 1987 an HFD

Geschichte

Die Lok wurde im März 1942 zusammen mit drei größeren Loks (Typen DS 16, DS 20 und DS 24) an die Didier-Werke AG Bonn geliefert. Die Firma setzte höchstwahrscheinlich alle vier Maschinen von Anfang an in der Quarzitgrube Glossen b. Oschatz ein. Wegen ihrer geringen Zugkraft ist die DS 12 aber nur dann eingesetzt worden, wenn die stärkeren Maschinen auf Grund ihrer größeren Masse oder eines Defekts nicht genutzt werden konnten. Im Januar 1959 ist die Lok an die Quarzitgrube Großkorbetha abgegeben worden, in den dortigen Unterlagen wurde die Maschine jedoch nie erwähnt. Wahrscheinlich ist sie gleich an die Ziegelei Göttwitz b. Mutzschen weiter verkauft worden. Dort wurde sie mit einem Führerhaus und einer Signalausrüstung (Scheinwerfer, Hupe) ausgerüstet. 1986 erhielt sie in der Werkstatt Taucha des Baustoffkombinats Leipzig eine Generalreparatur. Bei der anschließenden Probefahrt erlitt sie jedoch einen Getriebeschaden, der zum Blockieren der Räder und zum Abriss der Kupplung zwischen Motor und Getriebe führte. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits 44 Jahre alt und außerdem ein Einzelstück war, nahm man von einer weiteren Reparatur Abstand. Die halb zerlegt abgestellte Lok wurde dort von einem Vereinsmitglied entdeckt und konnte nach kurzen Verhandlungen am 14.03.87 mit einem Containerfahrzeug der Stadtreinigung Dresden zur HFD überführt werden. Mit der Aufarbeitung konnte aus Zeitgründen erst 1993 begonnen werden, auch wurde sie häufig für längere Zeit unterbrochen, weil wichtigere Arbeiten anstanden. Der tatsächliche zeitliche Aufwand für die Aufarbeitung lässt sich deshalb heute nicht mehr ermitteln. Zur Herbstausstellung 1995 wurde dann die erste Probefahrt absolviert, aber erst 1999 waren die Arbeiten an ihr im wesentlichen abgeschlossen.

Technik

Ursprünglich war die Lok mit einem vom Hersteller entwickelten 12 PS-Einzylinder-Zweitakt-Dieselmotor ausgerüstet, jetzt ist es ein ebensolcher vom Typ 1 NVD 9/12 (Bauart Junkers, mit Gegenkolben). Der große, wieder verschlossene Ausschnitt im Vorbaudach lässt aber darauf schließen, dass die Maschine vor dem jetzigen noch mindestens einen weiteren Motor besaß. Verschiedene Durchbrüche in Rahmen und Vorbau lassen auf vier unterschiedlich angebrachte Abgasanlagen schließen:

  • Bohrung im Umlaufblech links neben dem Motor – wahrscheinlich ursprüngliche Ausführung,
  • Ausschnitt im Vorbau links unten (bei der Aufarbeitung verschlossen, nur noch von innen sichtbar) – für den zweiten Motor,
  • Durchbruch im Umlaufblech rechts und Ausschnitt im hinteren Stirnblech mittels Freihand-Brennschnitt – häufig anzutreffende Anordnung bei Umrüstung auf Junkers-Motor,
  • jetzige Ausführung – diese Anordnung bietet die geringste Belästigung des Lokführers und anderer Arbeitskräfte durch Abgase. Bei der Aufarbeitung wurde der Schalldämpfer am Motor zusätzlich fixiert, um einem Bruch der Abgasanlage vorzubeugen.

Diema hat schon in den 30er Jahren auch bei den kleinen Feldbahnloks für den Achsantrieb Achsgetriebe mit Gelenkwellen vorgesehen. Gegenüber Kuppelstangen oder Rollenketten zeichnet sich dieses Konzept durch seine Wartungs- und Verschleißarmut aus, da fast alle bewegten Teile staubdicht gekapselt sind. Auch gewährleistet es eine gleichmäßigere Kraftübertragung zu den Achsen und damit eine geringere Schleuderneigung. Die Hinterachse ist direkt im Getriebegehäuse gelagert, zur Vorderachse wird das Drehmoment über eine patentierte Zahngelenkwelle übertragen, die gleichzeitig als Drehmomentenstütze dient. Als weitere Besonderheit sind an den Diema-Loks die Radscheiben nicht wie sonst üblich aufgepresst, sondern können nach Lösen der Achskapselmutter einfach abgezogen werden. So können sie, wenn sie verschlissen sind, schnell ausgewechselt werden. Diese Befestigung ermöglicht es auch, die Lok ohne großen Aufwand von 600 auf 500 mm umzuspuren: Dazu müssen nur die Distanzbuchsen, die hinter den Radscheiben auf den Achswellen sitzen, entfernt und dann erst nach den Radscheiben wieder aufgeschoben werden. Nach dem Umstecken der Bremshängeeisen ist der Umbau schon beendet. Allerdings sind die jetzigen Bremstraversen nicht für 500 mm-Spur einsetzbar, entweder wurden sie irgendwann erneuert und dabei auf die Umspurmöglichkeit verzichtet oder es wurde vom Werk ein zweiter Satz für 500 mm mitgeliefert. Die Umspurmöglichkeit auf 500 mm ließ an der Hinterachse keinen Einbauraum mehr für eine Federung. Deshalb ist bei dieser Ausführung das Getriebegehäuse fest mit dem Rahmen verschraubt, d. h. die Hinterachse ist ungefedert. Aus diesem Grund hatte die Lok auch von Anfang an einen gefederten Fahrersitz. Später wurde dann das Untergestell eines Möwe-Schwingsitzes (wie im Lkw W 50 oder IKARUS Stadtbus) mit aufgeschraubtem Polsterhocker eingebaut. Leider fiel dieses bei der HFD einer Aufräumaktion zum Opfer, da es als nicht mehr benötigtes Lkw-Ersatzteil angesehen wurde. Die Beschaffung eines intakten anderen erwies sich schon 1996 als recht problematisch.

Aufarbeitung 

Die Ursache des Getriebeschadens war schnell gefunden: Ein Betätigungshebel für eine Lamellenkupplung war gebrochen und das abgebrochene Stück zwischen zwei Zahnräder geraten. Eine nähere Ursachenanalyse konnte nicht mehr durchgeführt werden, weil bereits Schweißversuche an dem Gussteil erfolgt waren. Da dieses Bauteil im Inneren des Getriebes normalerweise nicht sichtbar ist, wurde ein neues in Schweißkonstruktion angefertigt. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich die Lamellenpakete der Kupplungen untersucht. Lediglich das Paket für den ersten Gang wies schon deutlich erhöhten Verschleiß auf und wurde gewechselt. Die Beschaffung neuer Lamellen war problemlos beim heute noch existierenden Kupplungshersteller möglich. Schwieriger war die Beschaffung eines neuen Zweireihen-Kugellagers für das Losrad des ersten Ganges. Dessen Lagerkäfig war schon so stark geschädigt, dass ein Austausch angeraten erschien. Gemäß Ersatzteilkatalog hat das Lager die Kennzeichnung AA 60, auf dem ausgebauten Lager stand die Kennzahl 3312. Ein nach dieser Kennzahl neu beschafftes Lager war aber sichtbar zu groß. Nach dem genaueren Studium verschiedener Wälzlagerkataloge stand fest, die neue Bezeichnung lautet 3212.

Am Oberteil des Vorderachsgetriebes wurde ein ca. 15 cm langer Riss festgestellt. Die Korrosions- und Abrasionsspuren an seinen Kanten lassen aber den Schluss zu, dass er schon sehr alt ist und damit vermutlich auf Materialeigenspannungen zurückzuführen ist. Aus diesem Grund wurde auf eine Reparatur verzichtet – bisher ohne Beanstandung.

Der Junkers-Gegenkolbenmotor befand sich noch in einem sehr guten Zustand und schien noch nicht viel gelaufen zu sein. An ihm waren außer den üblichen Wartungsarbeiten keine Reparaturen nötig. Dafür waren die Wasserpumpe und der Schalldämpfer nicht mehr brauchbar. Da 1996 dafür noch Neu- bzw. regenerierte Teile beschaffbar waren, wurden sie getauscht. Die vorgefundene Anordnung des Kraftstoffhahns ließ erwarten, dass sie auf Dauer unbefriedigend sein würde. Von diesem gebräuchlichen, mit Messing-Kegel ausgeführten Kükenhahn war bekannt, dass er auf Dauer gegen Dieselkraftstoff nicht dichtzuhalten ist. Seine Anordnung oberhalb der Schwungscheibe ließ nun erwarten, dass die Leckage von ihr im ganzen Vorbau verteilt werden wird. Aus diesem Grund wurde eine neue Kraftstoffleitung angefertigt und der Hahn in unmittelbarer Nähe zum Kraftstofffilter angeordnet. In einem weiteren Vorteil dieser Lösung – der deutlich verbesserten Zugänglichkeit und Sichtbarkeit des Hahns – lag zugleich auch ihr Nachteil: Ein sichtbarer Unterschied zum ursprünglichen Zustand. Da mittlerweile gute Erfahrungen mit Kugelhähnen aus der Installationsbranche vorlagen und die alte Kraftstoffleitung vorsorglich noch nicht verschrottet war, wurden die alte Leitung und ein Kugelhahn wieder an die ursprüngliche Stelle montiert. Sichtbar ist der Hahn jetzt nur, wenn man seinen Kopf in den Vorbau steckt, oder einen Spiegel benutzt.

Ein Problem zeigte sich schon bei der ersten Probefahrt: An der hinteren Bremstraverse ragen die Hebel für die Bremszugstangen bis unter die Schienenoberkante. In bisheriger Unkenntnis dieses Mangels wurden die Hebelenden in Anbetracht der vorgefundenen Abrasionen sogar aufgeschweißt. Es blieb nichts anderes übrig, als dieses Material wieder abzuschleifen und die Hebelenden abzurunden. Trotzdem setzen sie in Weichen immer noch auf, obwohl das Bremsgestänge insgesamt nicht übermäßig verschlissen ist. Bei einem Gespräch anlässlich eines Besuches mit der Lok in Glossen, berichteten alteingesessene Bewohner, dass die Lok für diesen Mangel bekannt war. Einmal sei sie mit viel Schwung am Wegübergang am Bahnhof hängen geblieben und quer zum Gleis zum Stillstand gekommen.

Durch das lange Abstellen der Lok im Freien waren die Gehäuseteile in einem Zustand, der eine Neulackierung erzwang. Dabei wurde die Farbgebung den vorgefundenen Farbresten genauestmöglich nachempfunden. Die vorgefundene Oberflächenstruktur (Kugelmulden) an der Rahmenunterseite nach dem Entfernen des alten Anstrichs legt nahe, dass der Rahmen vor dem letzten Anstrich mit Stahlkies gestrahlt wurde. Neu angefertigt werden mussten nur die nicht mehr vorhandenen Seitenbleche, sowie das Führerhausdach, an ihm war so einiges angeeckt und hatte entsprechende Blessuren hinterlassen.

Die recht aufwendige Aufarbeitung der Puffer konnten wir an das Sächsische Umschulungs- und Fortbildungswerk, Projekt Maschinenrebuilding abgeben. Ein Puffer war fest, einer abgerissen und an allen vier Ösen für die Kettenbolzen zeigten sich Risse.

Der Drehzahlwählhebel – oder auch Gashebel genannt – war noch weitestgehend gut in Schuss, obwohl er sichtbare Spuren von millionenfacher Benutzung aufwies. Nur die Verbindung zwischen Hebelrohr und Gelenk – ausgeführt mit zwei Kerbnägeln – war ausgeschlagen. Um die Originalsubstanz zu erhalten, wurde diese Verbindung nach intensiver Reinigung mit Zweikomponenten-Epoxidharz verklebt, was sich auch bis heute ohne jede Beanstandung bewährt hat.

Zum Hersteller

Lokomotiven der Firma Diema sind im ostdeutschen Raum eher selten anzutreffen. Viele Maschinen haben aber vor allem in Torfwerken im nordwestdeutschen Raum und in den Niederlanden bis heute (2012) überlebt. Eine der letzten Lokomotiven, die die Firma geliefert hat, ist 1992 vom Klinkerwerk Lichterfeld bei Finsterwalde beschafft worden. 1993 hat die Firma ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Als einer der letzten Anbieter von Dieselloks für Feld- und Grubenbahnen in Deutschland ist nun u. a. noch die Firma Schöma (Christoph Schöttler GmbH, Diepholz) übriggeblieben. Die Namensähnlichkeit ist nicht zufällig – die Schöma ist eine Ausgründung aus der Firma Diema nach unüberwindlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Brüdern Schöttler. (Weitere Informationen zur Firma auf wikipedia.de.)

Die DS 12 im Quarzitbruch Glossen. Foto: Sammlung Feldbahnschauanlage Glossen.
Die DS 12 auf einer der vielen Halden um Glossen. Wegen der geringen Tragfähigkeit des geschütteten Haldengeländes konnten hier die schwereren Maschinen nicht eingesetzt werden. Foto: Sammlung Feldbahnschauanlage Glossen.
Aufladen der Lok in der Werkstatt Taucha des Baustoffkombinates Leipzig auf ein Containerfahrzeug der Stadtreinigung Dresden am 14.03.87. Foto: Jürgen Beger.
Nach ihrer Ankunft in Dresden-Klotzsche, 14.03.87. Foto: Sammlung HFD.
Getriebe und Achsen während der Aufarbeitung am 01.07.95. Foto: Rainer Dominik.
Bis zur ersten Probefahrt wird es nicht mehr lange dauern. Da schon damals in Klotzsche zu wenig Platz war, mußten diverse Einzelteile auf der Maschine gelagert werden, 24.08.96. Foto: Siegfried Otto.
Auf dem Weg zur Brecherbrücke in Glossen, 30.08.97. Foto: Rainer Dominik.
Volle Kraft am Brecher vorbei. Glossen, 30.08.97. Foto: Rainer Dominik.
Als ob sie gerade aus dem Bruch kommt. Glossen, 30.08.97. Foto: Rainer Dominik.
Erste Kratzer im Lack. Glossen, 30.08.97. Foto: Rainer Dominik.

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Autor: Rainer Dominik, letzte Änderung: 30.03.2012