Hersteller | Bleichert, Leipzig | |
Typ | Karlik EGS (Elektrogleisschlepper) | |
Baujahr | ? | |
Fabriknummer | ? | |
Spurweite | 750 mm | |
Motor | Gleichstrom-Reihenschlussmotor | |
Leistung | 2,8 kW bei Feldschwächung | |
Vmax | 5,9 km/h | |
Masse | 2,2 t | |
Anfahrzugkraft | 2 kN | |
HFD-Nr. | 101 | |
Einsatzgeschichte |
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Hersteller und Geschichte
Das traditionsreiche Leipziger Unternehmen Adolf Bleichert & Co., welches um 1876 gegründet wurde, verdiente sich im weltweiten Seilbahnbau einen guten Ruf. Neben Drahtseilbahnen fertigte man später auch Kabelkrananlagen, Elektrohängebahnen, Bandförderer und Becherwerke. Neben Seil- und Kettenbahnen mit Gleisbetrieb wurden ab 1925 auch LKW mit einem Elektroantrieb umgerüstet. Diese Nutzfahrzeuge mit Akkubetrieb wurden in vielen Städten von der Stadtwirtschaft genutzt. Man baute auch Elektrokarren für den Güterumschlag auf Bahnhöfen. Nach dem zweiten Weltkrieg ging das Unternehmen 1946 in den Besitz der Sowjetunion über und es kam nicht zur Demontage von Werksanlagen. Unter der Bezeichnung „Bleichert Transportanlagen Fabrik SAG Leipzig N 22“ wurden zur Erfüllung von Reparationsleistungen an die Sowjetunion kleine Autokräne, Fräs- und Kugelschaufler, Elektrokarren und Verladebrücken hergestellt. Im Jahre 1947/48 wurde mit der Produktion der Karlik EGS begonnen. Ob es sich hier um eine bei „Bleichert“ entwickelte Konstruktion handelt, oder um den Bau nach sowjetischen Plänen, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Es liegt aber nahe, daß die Konstruktionsunterlagen zum Bau der Lok aus der Sowjetunion stammen. Hauptsächlich wurden die Loks für den ebenfalls von der sowjetischen Besatzungsmacht betriebenen Uranerzbergbau gefertigt. Als einer der letzten Betriebe wurde das Werk 1953 an die DDR zurückgegeben und später in „VEB Verlade- und Transportanlagen Leipzig“ umbenannt. Bis etwa 1955 wurden in Leipzig mehrere hundert Akkuloks des Typs Karlik EGS und mit der späteren Bezeichnung „Karlik“ Typ 4 EGS hergestellt. Die Loks vom Typ Karlik können neben dem Typ „Metallist“ (HFD Lok Nr. 4 und Lok Nr. 5) als erste in Serie gefertigte Grubenloks der DDR angesehen werden. Ab 1954 bis 1968 wurde der Karlik unter anderem vom polnischen Hersteller KONSTAL gebaut, von denen auch einige in die DDR geliefert wurden. In der ehemaligen Tschechoslowakei fertigte man einen gleichen Typ mit der Bezeichnung ALD-2. Auch in der Sowjetunion und im späteren Russland wurden diese Loks als Typ AK-2 weitergebaut, was wiederum für eine sowjetische Konstruktion sprechen könnte.
Technik
Die Lok wurde vornehmlich für den Untertagebergbau mit engen Stollenquerschnitten und kleinen Kurvenradien konzipiert. Im Innenrahmen der Lok befindet sich ein schlagwettergeschützter Reihenschlußmotor, welcher längs zur Fahrtrichtung eingebaut ist und über Zahnräder die beiden Achsen der Lok antreibt. Den Strom zum Antrieb erhält das Fahrzeug aus einer über dem Rahmen in einem auskragenden Akkukasten untergebrachten Batterie. Hinter dem Rahmen befindet sich ein abnehmbarer Trog, welcher den Fahrersitz und die hintere Kupplung trägt. Mit Hilfe eines Fahrschalters, welcher ebenfalls am Hinterteil des Rahmens befestigt ist, erfolgt die Regulierung der Fahrgeschwindigkeit. Der Fahrschalter verfügt über fünf Fahrstufen und die Steuerung wird über Widerstände und Feldschwächung realisiert. Zum Bremsen der Lok ist eine Handspindelbremse vorhanden, deren Außenbacken mit zwei Bremsklötzen unmittelbar auf den vorderen Radsatz wirken. Um einen unbegrenzten Fahrbereich für die Lok zu ermöglichen, konnte der entladene Akku an sogenannten Akkurolltischen gegen einen aufgeladenen Akku schnell getauscht werden. Hierbei wurde nur die Kabelverbindung zwischen Akkukasten und Lokrahmen getrennt und anschließend der Akkukasten seitlich weggeschoben. Nach Aufschieben eines „frischen“ Akkukastens und Herstellung der Kabelverbindung war die Lok wieder einsatzfähig. Am Akkukasten waren vorn und hinten jeweils ein Scheinwerfer montiert. Zur Signaleinrichtung diente eine im Führertrog eingebaute Warnglocke.
Die Loks wurden ab Werk nur in den Spurweiten 550 mm, 575 mm und 600 mm angeboten. Doch durch den Innenrahmen war es leicht möglich ab 550 mm Spur auch größere Spurweiten durch Umbau der Achsen einzustellen.
HFD Nr. 101
Nur durch einen besonderen Zufall gelang es uns, Dank eines Lesers des „Werkbahnreport“ die Lok vom Typ Karlik EGS zu übernehmen. Er entdeckte das seltene Fahrzeug in der Wasserkraftanlage Rüßdorf, im ehemaligen Werkteil Rüßdorf des schon stillgelegten VEB Hartpappenwerk Lehnamühle. Einst verband eine 750 mm-Werkbahn die zwei Betriebsteile Lehnamühle und Rüßdorf. In den Werkteilen befanden sich umfangreiche Gleisanlagen für verschiedene innerbetriebliche Transporte. Obwohl das Werk zu Betriebszeiten auch oft von Feldbahnfreunden aufgesucht wurde, war die Lok kaum bekannt. Zuletzt setzte man neben einer Diesellok des Typs BN 30 R, zwei Akkuloks vom Typ EL 9/02 ein und auch das Personal hatte die kleine Lok wohl schon vergessen. Die Lok, welche für ihren Einsatz im Hartpappenwerk auf 750 mm Spur umgebaut wurde, ist noch recht vollständig. Leider ist über den Lebenslauf der Maschine vor ihrem Einsatz in Lehnamühle nichts bekannt. Es ist zu vermuten, dass die Lok gebraucht von einem Bergbaubetrieb übernommen wurde. Da keine Fabrikschilder mehr vorhanden sind, kann auch das Baujahr nicht genau bestimmt werden. Die Lok wurde 2003 in unsere Sammlung überführt und soll langfristig wieder auf 600 mm Spur in den Auslieferungszustand gebracht werden. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an alle, die es uns ermöglicht haben, diese seltene Akkulok in unserer Sammlung zu präsentieren.
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Letzte Änderung: 21.07.2014